Schweizer Buchhandels- und
Verlags-Verband SBVV

Newsletter Schweizer Buchhandel
Ausgabe 22/2020 vom 04. Juni 2020

2. Frankfurter Buchmesse 2020
2. Wenig Rückhalt für physische Präsenz

Letzte Woche hat die Frankfurter Buchmesse entschieden, auch im Corona-Jahr 2020 eine Präsenzmesse durchzuführen ("Es wird eine europäisch geprägte Messe", Newsletter vom 28.Mai 2020). Eine kleine Umfrage bei Schweizer Verlagen, ob sie einen Stand haben werden:

Oliver Bolanz, Christoph Merian Verlag: Wir sagen den eigenen Stand ab und planen am Schweizer Gemeinschaftsstand teilzunehmen.

Ruth Geiger, Diogenes Verlag: Wir hatten uns bereits im April entschieden, dieses Jahr auf einen Stand zu verzichten und abgesagt. Einerseits aus wirtschaftlichen Gründen, zum anderen, weil wir überzeugt sind, dass unter diesen Umständen keine für uns erfolgreiche Messe stattfinden kann. Der enge Austausch mit unseren internationalen Kontakten, mit Buchhandel, Presse und Lesern, wird nicht möglich sein. Das ist bitter. Wir bevorzugen Planungssicherheit, gerade nach unseren Erfahrungen mit Leipzig. Aber wir kooperieren sehr gerne beim virtuellen Veranstaltungskonzept und hoffen, 2021 wieder in Frankfurt dabei zu sein.

Sabine Dörlemann, Dörlemann Verlag: Wir werden unseren eigenen Stand wieder absagen. Ich würde mir nicht verzeihen, wenn eine/r von uns an Covid-19 erkrankt. Ich finde das Risiko zu hoch. Von jeder Messe bringt mindestens eine von uns eine normale Grippe als Souvenir mit, nicht auszudenken, wenn das mit Covid-19 passiert. Wir denken darüber nach, eventuell am SBVV-Stand auszustellen, und wenn es virtuelle Möglichkeiten geben wird, werden wir diese gerne nutzen. Wenn wir am SBVV-Stand ausstellen, hätten wir das Problem allerdings nur verschoben. Bis es eine Impfung gibt, ist das alles unschön.

Susanne Schenzle, Ink Press: Ich habe mich noch nicht entschieden. Messen leben unter anderem von den persönlichen Begegnungen am Stand, auf der Messe zwischen den Gängen, abends im Lokal, immer im Gespräch, auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Dies wird so dieses Jahr nicht möglich sein. Bücher werden am Stand angefasst. Es wird hineingelesen. Ich stelle mir vor, dass es komplex ist, die Hygienevorgaben einzuhalten, jede Besucherin, jeden Besucher anzuhalten, Informationen über seinen Gesundheitszustand zu geben. Vielleicht ist es einfach besser, in diesem Jahr fern zu bleiben, und nächstes Jahr wieder zu kommen, wenn all dies hoffentlich wieder uneingeschränkt möglich ist.

Julia Marti, Edition Moderne: Unabhängig von der Pandemie war bei uns ungewiss, ob wir an der Messe mit einem Stand vertreten sein würden, da die Teilnahme sehr kostspielig und kleine Verlage und insbesondere Graphic Novels in der Masse untergehen. Wir sind darum in Verhandlungen betreffend Partnerschaften und Konditionen. Wir werden dieses Jahr mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht mit einem Stand vertreten sein. Eventuell werden wir zu Gesprächen mit unseren Partnerinnen und Partnern anreisen.

Frank Heins, Haupt Verlag: Wir warten für Haupt mit dem Entscheid über eine Teilnahme an der Frankfurter Buchmesse vorerst noch ab, bis uns weitere Informationen zu Standplatzierung, der von der Messe angekündigten Vergrösserung der Stände, An- oder Abwesenheit unserer Lizenzpartner etc. vorliegen.

Hadi Barkat, Helvetiq: Unser Team hat – mit Bedauern – entschieden, dieses Jahr nicht nach Frankfurt zu gehen. Wenn als Ersatz für Frankfurt eine Plattform geschaffen würde, auf der alle Deutschschweizer Verlage ihre Neuerscheinungen in kreativer Form präsentieren könnten, fänden wir dies grossartig.

Manuel Schär, hep Verlag: Wir haben noch nicht abschliessend entschieden. Es ist jedoch sehr fraglich, ob die für uns relevanten Personen überhaupt vor Ort sein werden und sich eine Teilnahme deshalb lohnt.

Peter Haag, Kein & Aber: Grundsätzlich bin ich skeptisch, wenn die Buchmesse nicht im normalen Rahmen durchgeführt werden kann. Ich bin ja schon skeptisch, wenn sie im herkömmlichen Rahmen stattfindet und wünsche mir eine Erneuerung. Jetzt aber die "alte" Buchmesse auch noch mit restriktiven neuen Regeln, könnte der Veranstaltung im Ganzen zusetzen. Schade, dass die Verantwortlichen nicht die Chance gepackt und die Flucht nach vorne angetreten haben.

Herwig Bitsche, NordSüd Verlag: Wir wollen unsere Mitarbeiter keinem unwägbaren Risiko aussetzen. Dieses lässt sich aber bei einer internationalen Veranstaltung, wie der Frankfurter Buchmesse, nicht gänzlich ausschliessen. Gleichzeitig ist bereits jetzt absehbar, dass zu wenig interessante Geschäftskontakte vor Ort möglich sein werden. Wir werden die Zeit, die uns verbleibt, dazu nutzen, uns alternative Kommunikationswege mit unseren Partnern zu erschliessen. Wir sind ja nicht abgeschnitten von den Informationsströmen. Und wir freuen uns umso mehr, wenn wir uns nächstes Jahr wieder unbeschwert persönlich treffen können.

René Busse, Orell Füssli Verlage: Wir sind auch dieses Jahr in Frankfurt auf jeden Fall mit dabei. Wie unsere Beteiligung aber genau aussieht, können wir erst sagen, sobald das Konzept und der Ablauf vor Ort klarer geworden sind.

Daniela Koch, Rotpunkt Verlag: Die Frankfurter Buchmesse gehört für Rotpunkt seit mehreren Jahrzehnten zum absoluten Place to be. Für dieses Jahr haben wir nach dem Wegfall der Halle 4 einen neuen Standplatz in Halle 1 gebucht – inmitten der anderen Unabhängigen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Wegbleiben der Konzernverlage ist für uns kein Grund zur Absage. Wir werden in diesem Jahr sicher kleinere Brötchen backen, leider auf unseren Apéro am Stand verzichten! Auch rechnen wir mit weniger Publikum, was ja vor allem am Wochenende auch angenehm sein kann. Aber – wir freuen uns auf Lizenztermine, auf Treffen mit Medienvertretern, Veranstaltern, Partnern und Kollegen. Auf eine Buchmesse, die (wie ja so vieles in dieser Zeit) ganz anders sein wird, aber vielleicht auch neue Ideen mit sich bringt. Stand heute: Wir fahren nach Frankfurt!

André Gstettenhofer, Elster und Salis Verlag: Die Tatsache, dass wir am Tag der Bekanntgabe der Messedurchführung sehr tolle Hotelzimmer zu Schnäppchenpreisen gefunden haben, ist nur auf den ersten Blick eine gute Nachricht. Die Informationen der Messe sind momentan zu vage, und wenn sie konkret werden, ist es für vieles vielleicht bereits zu spät. Die für uns entscheidenden Kollegen sind gespalten, mit einer leicht stärkeren Tendenz zum Fernbleiben. Wir selbst bleiben hoffnungsvoll, aber skeptisch. Die Hotelzimmer immerhin können bis 12. Oktober vollumfänglich storniert werden.

Lucien Leitess, Unionsverlag: Fein, dass die Buchmesse stattfindet! Das bedeutet eine Woche lang Scheinwerferlicht auf Bücher, AutorInnen und Verlage. Wir machen mit, auch wenn wir selbst kaum hinfahren werden (Buchmesse und Distanz halten gehen nicht zusammen). Im Übrigen plädiere ich für einen Ruck in der Branche: Schaffen wir endlich wieder eine Schweizer Buchmesse! In diesem Jahr erst recht. Unter der phantasievollen, tatkräftigen Regie des SBVV, in Kooperation mit dem AdS und den Bibliotheksverbänden. Im November, wenn alle Erfahrungen mit virtuellen Messen genutzt werden können. Dann ist Schluss mit der Peinlichkeit, dass die Schweiz als einziges Land Europas keine nationale Buchmesse zustande bringt. Wir alle haben ja viel zu zeigen und zu erzählen, in diesem Land mit seiner, im europäischen Vergleich beeindruckenden, Buchdichte.

Eine Umfrage bei deutschen Verlagen finden Sie im Artikel des Börsenblatts vom 29. Mai. Die Statements von Diogenes und Kein & Aber sind jener Zusammenstellung entnommen.

Weitere Themen:

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3. SBVV
3. Wie weiter mit der Frankfurter Buchmesse?

4. Frankfurter Buchmesse 2020
4. Medienlese zum Entscheid von letzter Woche

5. Novitätenliste Herbst 2020
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7. SBVV
7. Informationsabende für Branchenwissen Buchhandel und Basiswissen Buchverlag

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Der Kein & Aber Verlag setzte mit seinem letztjährigen Messestand ein Zeichen zur Neuerfindung der Frankfurter Buchmesse.
Wie wird diese Neuerfindung im Ausnahmejahr 2020 aussehen? Es sind noch fast vier Monate Zeit, um Antworten darauf zu
entwickeln. (Foto: Katarina Ivanisevic)

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