Newsletter Schweizer Buchhandel
Ausgabe 27/2024 vom 04. Juli 2024
8. Eine Frage an ...
8. Roman K. Abt, Buchhändler und Landwirt
Roman K. Abt studierte Kulturwissenschaften, Philosophie und Soziologie an der Universität Leipzig. Heute ist er Inhaber der Buchhandlung Alter Ego in Sempach Station und ausserdem Landwirt auf dem eigenen Hof. Warum übt er zwei so unterschiedliche Berufe zugleich aus?
Roman K. Abt: In meinen Augen geht es in beiden Berufen um Inhalt und Vielfalt, und ausserdem um Kultur. In beiden Bereichen ist Biodiversität ein grosses Thema mit politischer Dimension: Wohin wollen wir uns als Gesellschaft entwickeln? Und bei Büchern ist der haptische Aspekt zentral, genauso wie im Umgang mit Pflanzen und Tieren. Der Buchhandel ist keine rein geistige, sondern auch eine materielle Kultur – das beginnt schon beim Bücherschleppen. Das gefällt mir sehr, und davon möchte ich ein Teil sein.
Es reden heute viele Menschen von Biodiversität. Aber materiell die Strukturen zu schaffen, damit Lebensräume erhalten bleiben oder sich entwickeln, ist entscheidend. Sowohl im Buchhandel wie in der Landwirtschaft. Buchhandlungen sind Räume, die Leute ohne Voranmeldung betreten können, um etwas zu suchen und sich darin wohlzufühlen, weil sie von Inhalten umgeben sind, die sie ansprechen. Ich als Buchhändler wähle diese Inhalte aus. Wir haben ein ausgewähltes Programm von Architektur, Philosophie, Natur, Kunst, Psychotherpie und Literatur. Als der Buchhandlungsgründer Heinz Gérard vor anderthalb Jahren in Pension ging, wäre die Alternative fürs Alter Ego gewesen, dass es von der Landkarte verschwindet. Ich wollte also probieren, das Geschäft zu erhalten, und zügelte es von Luzern nach Sempach, in die Nähe unseres Mehrgenerationen-Bauernhofs. Was mich aktuell beschäftigt? Das Thema Zeit. Wir müssen als unabhängige Buchhändlerinnen und Buchhändler aktiv sein, Strategien zur Kundengewinnung entwickeln, neue Ideen ausprobieren. Doch alles, was sorgfältig gemacht werden soll, auf dem Hof wie in der Buchhandlung, braucht Zeit.
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Strukturen schaffen, damit Biodiversität möglich ist: Roman K. Abt, Buchhändler und Landwirt, unter dem Feigenbaum in seiner Buchhandlung Alter Ego. Foto: Pascale Blatter