Newsletter Schweizer Buchhandel
Ausgabe 21/2025 vom 28. Mai 2025
1. Generalversammlung der Genossenschaft Schweizer Buchzentrum
1. Entlastung verweigert
Generalversammlungen sind in der Regel reine Formsache: Die Verwaltung oder der Verwaltungsrat stellt Anträge, die von den Stimmberechtigten abgenickt werden. Vielleicht gibt es mal eine Gegenstimme oder eine Enthaltung, aber meistens ist die Zustimmung überwältigend.
Insofern ereignete sich an der 143. Generalversammlung der Genossenschaft Schweizer Buchzentrum, die diesen Montag im Gundeldinger Feld in Basel stattfand, geradezu Sensationelles: Die anwesenden Genossenschafterinnen und Genossenschafter lehnten den Lagebericht sowie die Entlastung der Verwaltung und der Geschäftsleitung für das Jahr 2024 mehrheitlich ab. Es wird vermutlich zu einer ausserordentlichen Generalversammlung und erneuten Abstimmungen kommen.
Was ist geschehen? 2024 war für das Buchzentrum ein äusserst bewegtes Jahr. Der langjährige und in der Branche beliebte Geschäftsführer David Ryf schied im Herbst mehr oder weniger Knall auf Fall aus dem Unternehmen aus. Die genauen Gründe dafür kennt die Öffentlichkeit nicht. Mit einem Brief an die Mitglieder der Genossenschaft warf die Verwaltung des Buchzentrums bei vielen mehr Fragen auf, als sie beantwortete. Dass sie nur vage Vorwürfe äusserte, begründete die Verwaltung unter anderem mit daten- und persönlichkeitsrechtlichen Gründen. Sicher wollte man in einer Branche, in der jeder jede kennt, auch nicht zu viel Staub aufwirbeln oder gar Geschirr zerschlagen.
Diese Strategie ist offensichtlich nicht gut angekommen. In zahlreichen Voten kritisierten Genossenschafter und Genossenschafterinnen mangelnde Transparenz. Verwaltungspräsident Heinz Hodel – seit dem Ausscheiden von David Ryf auch Geschäftsführer ad interim – und Vize Andreas Pätzold räumten ein, die Kommunikation sei nicht optimal gewesen. Sie verteidigten hingegen den Entscheid, einen internen Bericht der Revisionsstelle PriceWaterhouseCoopers über Probleme bezüglich des internen Kontrollsystems (IKS) der Buchzentrum AG nicht zu publizieren, da dieser firmenintern und vertraulich sei.
Seitens der Verwaltung, aber auch der Mitglieder wurden nach den überraschenden Ablehnungen der Anträge Rückkommensanträge gestellt. Vor allem die Jahres- und Konzernrechnung sowie der Bericht der Revisionsstelle seien eigentlich unveränderbar, da korrekt – es gäbe keinen Grund dafür, sie nicht zu genehmigen, hiess es. Der umstrittene Lagebericht wurde deshalb aus dem Paket der zu genehmigenden Dokumente ausgeschieden; im zweiten Anlauf erhielten die anderen Dokumente das notwendige Quorum. Auch der Antrag über die Verwendung des Bilanzgewinns und die Verzinsung der Anteilscheine wurde nach einer weiteren Diskussion angenommen.
Für die stärksten Emotionen sorgte, dass die anwesenden Mitglieder – insgesamt 54 Stimmen – der Verwaltung und der Geschäftsleitung die Entlastung für 2024 mit knapper Mehrheit verweigerten. Der Verwaltung gehören einige engagierte Buchhändlerinnen und Buchhändler an. Dass ihnen das Vertrauen verweigert wurde, liess sie sichtbar konsterniert zurück. Mehrere Mitglieder der Genossenschaft hielten fest, dass die Ablehnung nicht persönlich zu nehmen sei, sondern dass man erst Genaueres über die Vorgänge vom Herbst 2024 erfahren wolle – und dass man einem Gremium keine Absolution erteilen könne, wenn man nicht wisse, ob es seiner Sorgfaltspflicht ausreichend nachgekommen sei. Die Verwaltung wird nun die geforderte Transparenz schaffen müssen.
Angesichts der aussergewöhnlichen Vorgänge rückten die Zahlen, die an der Generalversammlung präsentiert wurden, in den Hintergrund. Gut sind sie nicht: Hätte das Schweizer Buchzentrum keine stillen Reserven aufgelöst, wäre das Jahresresultat eine rote Null gewesen. So konnte Verwaltungspräsident Heinz Hodel immerhin einen Gewinn von 436’000 Franken präsentieren – weniger als die Hälfte des Vorjahresgewinns. Die Branche leidet unter sinkenden Buchverkäufen und verändertem Konsumverhalten, beim Schweizer Buchzentrum stiegen die Kosten, die budgetierten Nettoerlöse wurden nicht erreicht. Die ungenügende Performance dürfte einer der Gründe dafür sein, dass im letzten Jahr «die Fetzen flogen», wie Andreas Pätzold sich ausdrückte.
«Die Resultate der letzten Jahre reichen nicht, um die Investitionen tätigen zu können, die in den nächsten Jahren anstehen», resümierte Heinz Hodel. Der Investitionsbedarf belaufe sich auf 18 bis 25 Millionen Franken. Immerhin: Die ersten Monate 2025 verliefen für das Buchzentrum höchst erfreulich, der Umsatz liegt 6,4 Prozent über Budget und 5,4 Prozent über dem Vorjahr. Zudem steht die Rekrutierung der neuen Geschäftsführung kurz vor dem Abschluss.
Marius Leutenegger
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