Schweizer Buchhandels- und
Verlags-Verband SBVV

Newsletter Schweizer Buchhandel
Ausgabe 28/2023 vom 13. Juli 2023

13. In memoriam
13. Tomi Geiger

Am 3. Juli starb Tomi Geiger nach längerer Krankheit in Zürich. 1975 gründete er mit Gudrun Kunzelmann, Wolfgang Vogel und anderen die auf linke Literatur ausgerichtete Buchhandlung Paranoia City. In Rufweite zur Edelboutiquenmeile Storchengasse gab es nun an der Schwanengasse 4 eine Buchhandlung mit anarchistischen Klassikern, Büchern, die sich quer gegen den Zeitgeist stellten, und den Erzeugnissen der damaligen Untergrundpresse. Nach kurzer Zeit zog das «Para-Sitti» aber in den ihm angemessenen Stadtteil Aussersihl um. Nachdem sich Wolfgang Vogel um die elterliche Buchhandlung in Winterthur kümmern musste und er mit Gudrun Kunzelmann Paranoia City verlassen hatte, blieb Tomi Geiger als Spiritus Rector und Geschäftsführer der Buchhandlung übrig.

Die Buchhandlung zog diverse Male innerhalb des Stadtkreises Vier um, bis sie an der Ankerstrasse 12, dem heutigen Domizil, heimisch wurde. Mit wechselnden Mitarbeiterinnen – etwa Josy Meier, die um 1990 dazu kam – bildete Tomi Geiger auch Lehrlinge aus. Paranoia City organisierte sich dann auch als Genossenschaft. Das Sortiment bestand nicht nur aus anarchistischen Klassikern mit schwarzem Umschlag und mehr oder weniger gut gedruckten Broschüren, sondern war bald eine Fundgrube für Entdeckungen; etwa für chinesische Literatur, weil Tomi Geiger auch studierter Sinologe war. 1983 stieg der umtriebige Buchhändler auch ins Verlagswesen ein. Sein Paranoia City Verlag brachte «bolo’bolo» von p.m. heraus, eine Utopie für ein besseres Leben und ein stiller Bestseller in mittlerweile siebter Auflage.

Über all die Jahre war Paranoia City auch ein beliebter Ort für Lesungen, Vorträge und ähnliche Veranstaltungen, die von Tomi Geiger immer sehr originell und mit dem ihm eigenen schrägen Humor eingeleitet wurden. Die Buchhandlung war fast fünf Jahrzehnte der Treffpunkt freier Geister, veränderungswilliger, undogmatischer Menschen ohne parteipolitische Dünkel.

Nach dem Ausbruch seiner schweren Krankheit konnte Tomi Geiger die Leitung der Buchhandlung in die Hände von drei jungen Frauen geben, die sozusagen dem Queren auch noch das Queere hinzufügten, was ganz im Sinn von Tomi war.

Unser herzliches Beileid gilt seiner Familie. Sein treuer Freundeskreis wird zu einem späterem Zeitpunkt Abschied von Tomi Geiger nehmen.

Richard Bhend, Wolfgang Bortlik

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Tomi Geiger (rechts) bei einer seiner legendären Ansprachen anno 1995. Links im Bild: Wolfgang Bortlik. Foto: zVg

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