Schweizer Buchhandels- und
Verlags-Verband SBVV

Newsletter Schweizer Buchhandel
Ausgabe 9/2024 vom 29. Februar 2024

4. 4 Fragen an ...
4. Daniela Binder, Obergass Bücher Winterthur

Daniela Binder, Mitinhaberin und Geschäftsführerin der Buchhandlung Obergass Bücher in Winterthur, führt seit 30 Jahren Buchvorstellungen in Bibliotheken durch. Mittlerweile sind daraus kleine «Buchvorstellungs-Tourneen» mit jährlich zirka 40 Veranstaltungen geworden. Vor gut zehn Jahren schaffte sie es ausserdem, mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem unabhängigen Buchhandel mit einer Petition zu verhindern, dass die Winterthurer Stadtbibliotheken die Vergabe des Bucheinkaufs öffentlich ausschrieben.

14 Buchhandlungen in der Stadt Zürich lancierten letzte Woche eine Petition, dass die Pestalozzi-Bibliothek weiterhin auch den unabhängigen Buchhandel bei der Beschaffung ihrer Bücher berücksichtigt. Wie lief das damals in Winterthur mit der Petition ab?
Daniela Binder:
Plötzlich hiess es, die Stadtbibliothek wolle ihr Budget ausschreiben. Damals stand vor allem der Name Amazon im Raum, der unsere Alarmglocken läuten liess. Wir taten uns als eine Handvoll unabhängiger Buchhandlungen zusammen und lancierten eine Petition, um Öffentlichkeit für unser Anliegen herzustellen. Wir bekamen in kurzer Zeit sehr viele Unterschriften zusammen, die wir beim Stadtpräsidenten einreichten. Es folgten intensive Gespräche mit der Stadtbibliothek. Wir diskutierten damals auch eine Form, bei der wir uns als unabhängige Stadtbuchhandlungen für die Belieferung der Stadtbibliothek zusammengeschlossen hätten. Die Rechtsform war noch nicht klar. Zum Schluss kam es dann gar nicht dazu. Denn seither verteilt die Stadtbibliothek Standing Orders an uns – und auch an andere Winterthurer Buchhandlungen –, bei denen wir ein jährliches Budget selber verwalten können. Wir haben uns so organisiert, dass wir einen Order für verschiedene Bereiche haben. Wer die Stadtbibliothek ausserdem noch beliefert, weiss ich nicht.

Könnte es auch in Winterthur demnächst wieder zu einer offiziellen Ausschreibung kommen, wie es bei der Pestalozzi-Bibliothek in Zürich passiert ist?
Davon habe ich nichts gehört. Wir haben eine gute und persönliche Bindung zur Stadtbibliothek, darum gehe ich davon aus, dass ich davon wissen würde. Aber es gab dieses Jahr eine massive Budgetkürzung, die für uns ebenfalls relativ einschneidend war. Dafür kann die Stadtbibliothek nichts, es ist allgemeine Budgetkürzung. Wir sind immer wieder im Gespräch. Die allgemeine Sparrunde der Gemeinde betrifft die Bibliotheken etwas stärker, weil das physische Buch weniger ausgeliehen wird als noch vor 10 Jahren.

Welche Wirkung hatte die Petition der unabhängigen Buchhandlungen in Winterthur vor 10 Jahren?
Es war eine etwas andere Situation als in Zürich, weil es danach gar nicht zur öffentlichen Ausschreibung kam. Und unsere Stadtbibliothek ist kleiner als die Pestalozzi-Bibliothek. Als die Stadtbuchhandlung ZHAW bei uns wuchs, überlegten wir uns als unabhängige Buchhandlungen: Wer bekommt die Aufträge, wie bringen wir uns ein? Wir gründeten damals eine einfache Gesellschaft, um gemeinsam Bestellungen annehmen zu können. Wir rechneten diese via unsere Kundennummern ab. Das ging erstaunlich gut. Es war allerdings damals eine nur zu Semesterbeginn nötige und zeitlich eng begrenzte Massnahme.

Sie haben von Ordern gesprochen, welche die unabhängigen Buchhandlungen für die Stadtbibliothek betreuen. Folieren Sie auch?
Ja, seit damals folieren wir auch. Den Folierkurs bot uns eine Bibliothek an. Wir haben fürs Folieren einen festen Arbeitsplatz im Untergeschoss der Buchhandlung. Aber man muss natürlich immer schauen, wer im Team die Zeit hat zu folieren, es ist schon anspruchsvoll im Tagesgeschäft. Als kleine Buchhandlung müssen wir das organisieren, wir können dafür keine eigene Abteilung schaffen wie die grossen Player. Es ist nicht so einfach, wie es vielleicht tönt. Die Ordergrösse muss auf unsere Kapazitäten abgestimmt sein. Wenn die unabhängigen Buchhandlungen gar nicht mehr in die Vergabe einbezogen werden, zieht das einen Rattenschwanz nach sich. Es betrifft ja alle Segmente der Literaturszene, also auch die Verlage oder die Autorinnen und Autoren, wenn der unabhängige Buchhandel nicht oder kaum bei der Auswahl in den Bibliotheken partizipiert. Zudem wäre es ein Verlust für Bibliotheken, wenn sie den Kontakt zu den unabhängigen Buchhandlungen verlieren. Was ich höre, ist die Winterthurer Stadtbibliothek sehr zufrieden mit dem, was wir leisten. Wir sind immer wieder im Gespräch miteinander und fühlen uns in unserer Arbeit für Bücher und Leseförderung partnerschaftlich verbunden.

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